Steintalbrache: ein Beitrag zur Diskussion um den Begriff der „Wildnis“

Kontroverse Debatte zum Begriff „Wildnis“ im Naturschutz

Der Begriff „Wildnis“ hat seit geraumer Zeit eine wahre Renaissance in der Naturschutzliteratur erfahren. Ist es berechtigt und sinnvoll, diesen Begriff zu verwenden, wenn sich die hierzulande anzutreffende Vielfalt an Tieren und Pflanzen in einem jahrhundertelangen Entwicklungsprozess einer Kulturlandschaft herausgebildet hat? Gibt es wirklich noch bei uns Naturlandschaften mit fast unberührter, wildnisgleicher oder zumindest wildnisähnlicher Natur? Was würde passieren,wenn man hierzulande Offenlandschaften (alle Biotoptypen, die nicht zum Wald zählen) mit ihrer Artenvielfalt sich selbst überlassen würde? Dann verschwindet langfristig das gewohnte Landschaftsbild und mit ihr die daran angepasste, zu schützende Tier- und Pflanzenwelt. Eine solche „Wildnisentwicklung“ würde  unter hiesigen Bedingungen ohne menschlichen Eingriff von der Verbuschung über Vorwaldstadien letztlich zu einem je nach Bodentyp unterschiedlich ausgeprägten Wald mit der darin beheimateten Tier- und Pflanzenwelt führen. Vor diesem Hintergrund hat das Bundesamt für Naturschutz (BfN) denn auch in einer Kurzinformation zu „Natura 2000 und Wildnis“ daraufhingewiesen, das „bei der Entwicklung des Managements für ein Natura 2000-Gebiet erwogen werden“ sollte, „ob Flächen dem Prozessschutz unterworfen werden können und durch welche Maßnahmen ggf. die Entwicklung zum Wildnisgebiet unterstützt werden kann. Allerdings ist dies nicht zulässig, wenn dabei im Zuge von Sukzession, Waldentwicklung oder Wiedervernässung Lebensraumtypen und Arten verdrängt werden, die zu den Schutzgütern des Gebiets zählen. Bei Neuausweisungen von Totalreservaten, Wildnisgebieten oder Veränderungen der Kernzonen von Nationalparken sollte daher grundsätzlich eine Prüfung erfolgen, ob wertvolle geschützte Offenlandlebensräume oder Arten in erheblichem Umfang betroffen sind. Falls ja, müssen die Wildnisentwicklungsgebiete so modifiziert werden, dass vermeidbare Konflikte mit den Zielen der FFH-Richtlinie nicht entstehen. Das Natura 2000-Netz bietet in großem Umfang Raum für Wildnisentwicklungsgebiete, ohne dass dadurch wertvolle Lebensräume und Arten des Offenlands beeinträchtigt werden müssten“. Man kommt allerdings insGrübeln, wenn seitens des BfN die Begriffe „Wildnis“ bzw. „Wildnisgebiete“ in Anlehnung an die IUCN-Kategorie Ib (IUCN = Weltnaturschutzunion) im Sinne der Bewahrung von ursprünglicher Wildnis definiert werden und als dafür geeignete Flächen beispielsweise Bergbaufolgelandschaften oder ehemaligeTruppenübungsflächen genannt werden.

Schließlich sind Schutzgebiete der Kategorie Ib (Wildnisgebiet) „i. d. R. ausgedehnte ursprüngliche oder (nur) leicht veränderte Gebiete, die ihren natürlichen Charakter bewahrt haben, in denen keine ständigen oder bedeutenden Siedlungen existieren; Schutz und Management dienen dazu, den natürlichen Zustand zu erhalten“. „Vorrangiges Ziel“ ist, soweit solche Wildnisgebiete ausgewiesen sind, der „langfristige Schutz der ökologischen Integrität“ solcher „natürlicher Gebiete, die frei von störender menschlicher Aktivität erheblichen Ausmaßes und von moderner Infrastruktur geblieben sowie überwiegend den Kräften der Natur und den natürlichen Prozessen unterworfen sind, so dass heutige und künftige Generationen die Möglichkeit haben, diese Gebiete zu erleben“. Es wird deutlich,dass hier eine andere Wildnis gemeint sein muss, als die (für mich nur vermeintlichte) Wildnis eines Truppenübungsplatzes, auf der sich seltene, schützenswerte Tier- und Pflanzenarten angesiedelt haben.

Im Bereich des Naturschutzes sind es nur wenige, die den Begriff „Wildnis“ kritisch hinterfragen. Einer davon ist Dr. Günter Heise, seit Jahrzehnten in der Uckermark im Naturschutz verwurzelt. Zwei seiner kenntnisreichen und engagiert geschriebenen Beiträge, die sich immer wieder auch auf konkrete Brandenburger Beispiele beziehen, sind nachstehend abgedruckt.

 

 

 

 

 

 

Oktober 26, 2018

Schlagwörter: Natur, Naturschutz, urban

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