Gärtnern im Kleingarten

4. Mitteilungen der Seniorenvertretung
4.2 Interessantes
Gärtnern im Kleingarten
Wer in einer Kleingartenanlage gärtnert, befindet sich nicht selten im
Seniorenalter. Das Durchschnittsalter der Pächterinnen und Pächter eines
Gartens im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf liegt derzeit bei 57 Jahren. Das bedeutet jedoch keineswegs, wie gelegentlich zu lesen ist, eine „Überalterung“, aus der sich der Schluss ziehen ließe, dass das Kleingartenwesen bald demografisch am Ende wäre. Denn das Interesse an einem Kleingarten ist in allen Altersgruppen von ca. 35 Jahren an aufwärts nach wie vor groß und größer denn je, besonders in wohnungsnahen innerstädtischen Lagen. Die Bewerbungslisten der Kleingartenvereine sind lang. Und das ist kein Wunder.
Denn das Kleingärtnern macht sehr viel Freude. Schon im Februar und März blühen in den Gärten Schneeglöckchen, Krokusse und Winterlinge. Spektakulär ist im April und Mai die Obstbaumblüte. Hier finden Honigbienen, die in vielen Gärten gehalten werden, aber auch andere Bestäuber ein reiches Nahrungsangebot. Meisen, Stare, Sperlinge und Gartenrotschwanz beziehen ihre Nistkästen, Amseln und Rotkehlchen bauen in Hecken und Sträuchern ihre Nester. Stauden beginnen zu blühen bis in den Spätherbst hinein. Das Wachsen der Gemüsepflanzen begleitet die Hoffnung, dass sie von den allgegenwärtigen Schnecken verschont bleiben mögen. Im Juni und Juli können Erdbeeren, Johannisbeeren und Stachelbeeren, etwas später auch Himbeeren und Brombeeren geerntet werden. Ab August wird das Baumobst reif. Darüber freuen sich nicht nur die Gärtnerinnen und Gärtner und ihre Kinder und Enkelkinder, sondern auch die zahlreichen Spaziergängerinnen und Spaziergänger, die auf ihrem Weg durch die Kleingartenanlagen gern das ungespritzte Obst, das in Körben und Beuteln für sie an die Zäune gehängt wurde, mitnehmen.
Das Kleingärtnern ist aber nicht nur beschaulich, sondern es gibt auch viel zu tun. Kompost ist auszubringen, Beete vorzubereiten, ein Hochbeet zu bauen. Es wird gesät und gesägt, gepflanzt, gejätet und gemäht. Obstbäume und andere Gehölze bedürfen des Schnitts. Es wird geerntet und das Erntegut weiter verarbeitet. Fachliche Unterstützung bieten Vorträge, die in vielen Kolonien auch öffentlich angeboten werden, die Gartenzeitung mit Namen „Gartenfreund“, die allmonatlich ins Haus kommt und die Gartenfachberatungen der Vereine.
Und noch eine Arbeit etwas anderer Art zeichnet das Kleingartenwesen aus, die ehrenamtliche Arbeit für die Gemeinschaft und das Umfeld. So obliegen den Kleingartenvereinen zahlreiche Verwaltungsarbeiten. Sie kümmern sich um die Infrastruktur, z.B. das Wasserleitungsystem und um die Gemeinschaftsflächen und –anlagen, sie achten darauf, dass die Gärten entsprechend dem Bundeskleingartengesetz und der Garten- und Bauordnung bewirtschaftet werden, sie betreiben Öffentlichkeitsarbeit, vielleicht auch eine Webseite, sie halten regelmäßig Sprechstunden ab und sind mit anderen Vereinen und Initiativen vernetzt. Sie führen Projekte durch, seien es Naturlehrpfade, Schaugärten, Schul- und Kitagärten oder Gemeinschaftsgärten. Nicht zuletzt aber werden zahlreiche Veranstaltungen und Feste organisiert. Wohl jede Kolonie, die auf sich hält, veranstaltet ein Sommerfest mit Livemusik, auch Pfingsten wird gern gefeiert. Pflanzenbörsen und Erntedankfeste sind beliebt. Manche Kolonien beteiligen sich am Langen Tag der StadtNatur oder dem Fète de la musique. Für Kinder gibt es besondere Angebote. Oft werden nicht nur die Vereinsmitglieder eingeladen, sondern auch die Nachbarschaft.
Es wird jedenfalls nie langweilig in der Kleingartenkolonie. Sie fordert und ermöglicht vielfältige gemeinschaftliche Aktivitäten von Jüngeren und Älteren, von Menschen mit verschiedenartigen Berufen und Herkünften. Das fördert den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Sie gibt aber auch – im Unterschied zu anderen Formen des Urban Gardening – dem verbreiteten Bedürfnis Raum, zu leistbaren Kosten allein oder mit der Familie ein eigenes kleines Naturparadies kreativ gestalten und genießen zu können.
Die Autorin, Dr. Gabriele Gutzmann, ist Vorsitzende einer Wilmersdorfer Kleingartenkolonie

Oktober 7, 2018

Schlagwörter: gardening, Kleingarten, Natur, Umwelt

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