Bürgerinitiative Olivaer Platz (Einwendungen gegen den Bebauungsplanentwurf) als Beispiel

Einwendungen zum erneut ausgelegten
Entwurf des Bebauungsplanes 4 – 42
Vorbemerkung
Das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf plant, den Olivaer Platz völlig umzugestalten.
Rechtliche Voraussetzung für den Umbau ist eine Umwidmung einer Teilfläche der
bisher als „Parkplatz“ ausgewiesenen Fläche zur „Grünanlage“. Dies folgt dem modifizierten
Siegerentwurf eines Gestaltungswettbewerbes. Zwei frühere Entwürfe für den
Bebauungsplan wurden entweder als Ergebnis der überwiegend negativen Stellungnahmen
der Bürger modifiziert oder von der prüfenden Senatsverwaltung als nicht
genehmigungsfähig zurück gewiesen.
Bereits vor der Auslegung des aktuellen dritten Entwurfes wurde die seit 1960 bestehende
gestaltete Parkanlage vernichtet.
Mängel des Entwurfes des Bebauungsplanes im einzelnen
Die Begründung des aktuellen Entwurfes zum Bebauungsplan 4 – 42 schreibt den Entwurf
zur ersten Version des Bebauungsplanes fort, der Entwurf wurde lediglich in
einzelnen Punkten aktualisiert und angepasst. Alle Begründungen des Entwurfes beziehen
sich ausdrücklich auf die Umsetzung der vorgestellten Planung.
Auch die aktuelle Begründung enthält somit die bereits in früheren Versionen vorhandenen
unhaltbaren Unterstellungen, Annahmen und einseitigen Darstellungen.
Teilweise wurden diese durch die inzwischen bereits durchgeführten Baumaßnahmen
verschärft.
1 Gesetzliche Forderungen werden nicht erfüllt
Die Begründung zum Entwurf enthält eine Reihe von Annahmen und Aussagen, die
gesetzliche Anforderungen aufzeigen und diese pauschal als „erfüllt“ bezeichnen, ohne

dass die Erfüllung sich aus der Lebenserfahrung ergibt oder nachvollziehbar begründet
wird.
Bei anderen Annahmen und gesetzlichen Anforderungen wird allein auf die theoretische
Möglichkeit der Erfüllung verwiesen.
Programmplan Naturhaushalt und Umweltschutz ist nicht erfüllt: Das im Programm
genannte Ziel „Erhalt und Neupflanzung von Stadtbäumen“ wird als erfüllt bezeichnet,
obwohl durch die Planung zur Umgestaltung des Platzes eine erhebliche
Anzahl von alten, aber gesunden Bäumen rein aus „gestalterischen Gründen“
gefällt wurden und weitere gefällt werden sollen.
Der Verweis auf die Ersatzpflanzungen ignoriert die Tatsache, dass Bäume eine
lange Zeit zum Wachstum brauchen, bis eine vergleichbare Wirkung erreicht wird.
Die Behauptung „Insgesamt ist die Bilanz aber deutlich positiv zugunsten der
Neuanpflanzungen bzw. des Baumerhaltes“ ist für mehrere Jahrzehnte falsch.
Bundesnaturschutzgesetz / Berliner Naturschutzgesetz: In der aktuellen Begründung
wird behauptet, dass zu fällende Bäume mit dem konkreten Bauvorhaben beantragt
werden. Für zu fällende Bäume sei auch ein ornithologisches Gutachten
einzuholen.
Das tatsächliche Vorgehen der Verwaltung widerspricht dieser Angabe: Das vorliegende
Gutachten untersucht nur 11 Bäume und diese nur im Hinblick auf ihre
Standfestigkeit. Nur ein Teil dieser 11 Bäume wurde als nicht mehr standfest bezeichnet.
Bereits im „ersten Bauabschnitt“ wurden dann wesentlich mehr Bäume
gefällt.
Programmplan Erholung und Freiraumnutzung ist nicht erfüllt: Die im Plan geforderten
„vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten“ seien angeblich erfüllt.
Die Nutzungsmöglichkeiten können aber nur situationsbezogen bewertet werden.
In den natürlicherweise verkehrsbelasteten innerstädtischen Bereichen
braucht die Bevölkerung vordringlich Ruhezonen. Für sportliche Aktivitäten ist
die Platzanlage zu klein und durch die eng umbaute Lage ungeeignet.
Die vernichtete Parkanlage war bewußt auf die Schaffung solcher Ruhezonen
angelegt. Die geplante „transparente“ Platzgestaltung öffnet den Platz nicht nur
für allseitige Einsehbarkeit, sondern auch für Lärm und Schmutz von allen Seiten.
Für die Erholung der Bürger ist die geplante große Wiese von geringerem Wert.
Eine größere Wiese ist sicherlich besser geeignet als eine gestaltete Anlage, um
bei Festen einer Parteiorganisation dort kollektives Sackhüpfen zu veranstalten.
Ein entscheidender Grund sollte dies nicht sein.
Programmplan Biotop- und Artenschutz ist nicht erfüllt: In diesem Plan wird „Die Beseitigung
unnötiger Bodenversiegelung“ als Ziel aufgeführt.
Die Aufhebung einer Teilfläche des Parkplatzes wird als eine Maßnahme im Sinne
dieses Plans bezeichnet.
Dies ignoriert die im Bodengutachten festgestellte Belastung des Erdreiches unter
dem Parkplatz mit diversen Schadstoffen (unter anderem Blei und Quecksilber)
aus dem Trümmerschutt der dort früher stehenden Wohnhäuser.

Durch die Aufhebung der Versiegelung in diesem Bereich sind Umweltschäden
durch Einsickerung von Schadstoffen ins Grundwasser wahrscheinlich, die den
möglichen Nutzen geringerer Versiegelung deutlich übersteigen.
Eine Abwägung zwischen diesen beiden – im vorliegenden Fall widerstrebenden –
Folgen, ist nicht erkennbar. Es wird vielmehr pauschal behauptet, dass den
„Belangen des Bodenschutzes Rechnung getragen“ wird oder durch Maßnahmen
beim Bau zu beachten sind.
Abwägung öffentlicher und privater Belange ist nicht erfüllt: Mehrere der als Begründung
für die Planung dienenden Behauptungen widersprechen den jahrelangen
Beobachtungen der Anwohner: Die über 2.200 Unterschriften unter dem Einwohnerantrag
mit dem Ziel des Erhaltes des Platzes belegen eindeutig, dass
die Aufenthaltsqualität trotz der seit Jahrzehnten unterlassenen Pflege von vielen
Bürgern zwar als verbesserungswürdig, aber nicht insgesamt als „gering“
eingestuft wurde.
Die seinerzeit verwirklichten Gestaltungsprinzipien – Ruhezonen für unterschiedliche
Interessengruppen mit abwechslungsreicher Ausformung im Detail – sind
vergleichsweise kostenintensiv und entsprechen deshalb nicht mehr den Zielen
der Verwaltung. Den Zielen ruhesuchender Bürger entsprechen sie durchaus.
Eine echte Abwägung der öffentlichen und privaten Belange ist hier nicht erkennbar.
Kinderspielfläche: In der Begründung wird einerseits unverändert auf die geplante
zentrale Kinderspielfläche verwiesen (Seite 11, 3. Absatz). Andererseits wird sechs
Absätze später zugegeben, dass eine solche Kinderspielfläche nach der Prüfung
der Senatsverwaltung auf dem Platz bei der vorgesehenen Gestaltung gar nicht
zulässig ist.
Dieser nicht aufgelöste Widerspruch (und weitere, hier nicht erwähnte) lassen
Zweifel an der Sorgfalt bei der Überarbeitung des Entwurfes entstehen.
Die geplanten „dezentralen Spielgeräte“ sind wohl zu werten als Versuch der
Verwaltung, die fehlende Zulässigkeit eines Spielplatzes zu umgehen. Der Entwurf
zum Bebauungsplan 2016 wurde von der Senatsverwaltung zurück gewiesen,
weil ein neuer Kinderspielplatz ohne massive Schutzmaßnahmen gegen die
Schadstoffbelastung aus den umgebenden Straßen nicht zulässig wäre. Aber
auch bei dezentralen Spielgeräten besteht diese Schadstoffbelastung.
Der Plan, die Spielgeräte nun auf dem Platz zu verteilen, führt faktisch zu einer
Gefährdung der spielenden Kinder.

2 Zukunftsbetrachtungen auf der Grundlage bereits überholter
oder unbelegter Annahmen
Bei einer Reihe von vorgesehenen Maßnahmen werden Ergebnisse unterstellt, ohne
dass eine begründete Wahrscheinlichkeit besteht, dass diese Ergebnisse auch
eintreffen.
Teilweise wurden die Prognosen bereits durch die Wirklichkeit widerlegt.
Stadtentwicklungsplan Verkehr geht von falschen Annahmen aus: Zum Verkehr wird
unverändert auf den StEP Verkehr von 2011 bezogen argumentiert, der eine
Herabstufung der Lietzenburger Straße von Stufe II auf Stufe III und damit eine
Abnahme des Verkehrs prognostiziert.
Dabei wird nicht berücksichtigt, dass der StEP Verkehr auf der Grundlage von
Erhebungen von 2009 von einer sinkenden Bevölkerungszahl Berlins ausgeht
– eine Vorhersage, die unstrittig durch die tatsächliche Entwicklung der letzten
Jahre widerlegt wurde.
Im Hinblick auf den Verkehr geht die Planung somit von völlig falschen Annahmen
aus. Bei einer faktisch steigenden Bevölkerung in Gesamt-Berlin und einer
ungebrochenen weiteren Verdichtung der Bauweise mit steigender Bevölkerung
im Gebiet um den Olivaer Platz ist jede Annahme eines sinkenden Verkehrsaufkommens
als realitätsfernes Wunschdenken zu bezeichnen.
Bei steigendem Verkehr wird auch der Bedarf an Parkständen eher steigen als
sinken.
„Attraktive Platzfläche“ durch Ausweisung eines (befestigten) Fußgängerbereiches an
der südlichen und westlichen Platzseite: Im Entwurf wird pauschal behauptet,
dass die Attraktivität des Platzes durch einen breiten befestigten Weg an der
Südseite des Platzes steige.
Worin die Attraktivität eines solchen Weges liegen soll – der für den Platz zwar
breit, aber immer noch schmaler ist als die Bürgersteige in mehreren angrenzenden
Straßen – wird nicht begründet und ist nicht offenkundig.
Wenn dieser Fußgängerbereich tatsächlich als Weg genutzt werden sollte (warum
eigentlich sollte dort jemand laufen?), so steht dies dem Bedürfnis der auf dem
Platz Ruhe suchenden Bürger eher entgegen.
Wenn dieser Fußgängerbereich hingegen durch angrenzende Cafés genutzt werden
soll – wie auf den „Visualisierungen“ des Architekturbüros angedeutet – so
sollte dies klar gesagt werden: In diesem Fall wäre die Umgestaltung des Platzes
Voraussetzung für eine verstärkte Kommerzialisierung eines öffentlichen Platzes.
Dies dürfte im Widerspruch zu den Zielen des Landes Berlin stehen.
Vegetationsanteil als Lebensraum für Tiere und Pflanzen: Die Behauptung, der Vergetationsanteil
kann potentiell gesteigert werden, zeigt nur eine rein theoretische
Möglichkeit auf.
Durch die bereits vorgenommenen Maßnahmen wurde die Theorie als Wunsch-
denken entlarvt: Das gesamte Buschwerk des Parkteiles und des zur Umwidmung
vorgesehenen Teiles des Parkplatzes wurde beseitigt.
Auch wenn die angabegemäß neu zu pflanzenden Büsche schneller wachsen
werden als Bäume würde selbst bei flächenmäßig gleichen Ersatzpflanzungen
der Lebensraum für Vögel und Insekten auf eine lange Zeit geringer sein.
Nach Angaben des Planungsbüros wird sich außerdem die mit Büschen bewachsene
Fläche verringern, der Lebensraum für Tiere somit entgegen der Behauptung
auch langfristig sinken.
3 Bestreitbare Berechnungen
Flächenberechnungen: In den Berechnungen zur Versiegelung wird die gesamte Platzfläche
und die gesamte Fläche der den Platz umschließenden Straßen als „Geltungsbereich
Bebauungsplan“ bezeichnet und als Maßstab für die Berechnung
der Verringerung der Versiegelung genommen.
Die Grünfläche steigt nach diesen Berechnungen jedoch nur um rund 340 m²
– ungefähr der Fläche einer Kleingartenparzelle. Die versiegelten Flächen (Straßenland,
Gehwege, Parkwege) steigen jedoch ebenfalls, von 13.045 auf 13.608 m².
Der angebliche Gewinn aus der verkleinerten Parkplatzfläche ( ./. 910 m²) wird
folglich nur zu rund einem Drittel zur Verringerung der Versiegelung genutzt; der
Rest wird durch die „teilversiegelte“ Promenade an der Südseite der Platzanlage
verbraucht.
Ersatzpflanzungen: Der Zahlenvergleich zwischen den auf dem Platz gefällten und
den zu pflanzenden Bäumen ist insoweit irreführend, als eine nicht genauer
bezeichnete Zahl von Bäumen nicht in der direkten Platzanlage, sondern in den
Straßen um den Platz gepflanzt werden sollen.
Im eigentlichen Platzbereich wird die Zahl der Bäume folglich abnehmen und
die ökologische Bilanz des Platzes weiter verschlechtern.

Bürgerinitiative Olivaer Platz e. V. Juni 2018

 

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