Erleben Sie den Asplenium ruta-muraria im WestkreuzPark!

Gastbeitrag: Detlef Petereit

In Schleswig-Holstein steht sie auf der Roten Liste gefährdeter Arten, hier bei uns im WestkreuzPark! laufen wir in Augenhöhe achtlos an ihr vorbei: Asplenia ruta-muraria.

Wir wurden bei einem gemeinsamen Rundgang durch den WestkreuzPark! mit den Stadtnatur-Rangern auf diese Pflanzen aufmerksam. In Berlin werden die seltenen Pflanzen akribisch gezählt und mit ihren Standorten erfasst.

Asplenium ruta-muraria ist auch als Mauer-Streifenfarn, Mauerfarn oder Braunstieliger Streifenfarn (als Klassencharakterart) bekannt. Wie der Name schon vermuten lässt, wächst er häufig in den Ritzen und verwitternden Mörtelfugen alter Mauern, die fast immer kalkhaltigen Mörtel enthalten.

[Quelle: Plinius der Ältere, Naturalis historia 27,17,34 (hier nach:
C. Plinii Secundi Naturalis historia. Hrsg. von D. Detlefsen, I–VI (in 3 Bänden), Berlin 1866–1882, hier: Band 4, S. 145): „Asplenon […] nascitur in petris parietibusque opacis, umidis, laudatissime in Creta“.].

Es handelt sich um kleine immergrüne Farne mit 3 bis 15 cm, manchmal 20 cm langen, schmalen und dunkelgrünen Stielen|Blättern.

Der eigentlich kriechende, an aufrechten Wänden auch mit hängenden Stielen|Blättern auftretende – Wuchs dient dazu, sich in Mauern und Felswänden zu verankern.

Abbildung von Carl Axel Magnus Lindman (CC0)

Mehr auch bei Widipedia.

Farne gehören ja quasi zu den „Dinosaurien“ unter den Pflanzen, die es schon seit etwa 300 Mio. Jahren auf der Erde gibt.

Früher nahezu so groß wie Bäume, haben sich aber die Winzlinge heute vom Wesen her kaum verändert. Die extreme Anpassungsfähigkeit dieser Pflanzen sicherte ihnen ein so langes Überleben auch bei stark wechselnden Klima-, Standort- und Lebensbedingungen. So entwickelten sich auch einzelne Exemplare, die mit nur ganz wenig Erde auskommen, die in einer kleinen Mauerritze steckt – so, wie unser Mauer-Streifenfarn, den einige deshalb auch Steinfarn nennen.

Ein weiterer „Überlebenstrick“ ist, dass Farne keine Blüten entwickeln. Die Befruchtung erfolgt durch einen Wassertropfen auf der Unterseite des Prothalliums (in obiger Abbildung mit „ 2 “ gekennzeichnet), wobei dann die Spermatozoiden von den Eizellen chemisch angelockt werden. So bedarf es keiner Bestäuber für das Überleben, die es z.B. in Form von Bienen ja auch erst seit etwa 110 Mio. Jahren gibt. Erste Insekten lassen sich fossil schon vor rund 400 Mio. Jahren nachweisen.

  • In Berlin und Brandenburg sind diese Pflanzen ziemlich selten und werden deshalb akribisch erfasst.
  • In Hamburg wurde ein entsprechender Bestand samt Mauer umgesetzt, weil er am alten Standort nicht gehalten werden konnte.
  • In Flensburg erschwerte ein beachtlicher Asplenium ruta-muraria-Bestand die Renovierung eines maroden Bahnhofzugangs, ehe auch hier der Bestand versetzt werden konnte.
  • Der Landschaftsrahmenplan des Landkreises Rotenburg nennt für das Kreisgebiet einen einzigen Bestand. (Quelle: Rothenburger Rundschau vom 31.01.2021)

Die Raupen der Schmetterlingsart Hellgebänderter Steinspanner (Gnophos pullata) sind von der Mauerraute als Nahrungsquelle abhängig. Wenngleich die Raupen polyphag leben und sich an verschiedenen Pflanzen entwickeln könnten, wird bei uns regional dieser Mauerfarn bevorzugt.

Bei unseren Führungen zeigen wir Ihnen einen Standort dieser seltenen Pflanzen. Dort konnten sich über die Jahrzehnte hinweg 65 Einzelexemplare etablieren. Weitere werden Sie sicher selbst in den vielen alten Gemäuern, der Schornsteinruine und Böschungsbefestigungen der Überreste jener bis 1882 als „Charlottenburger Lokomotivstation“ errichteten Anlagen vermuten, die seit fast 80 Jahren (bekannt als Linse|Brache|Steintal) brach liegen. Temperatur, Feuchte, Lichtverhältnisse und seit Jahrzehnten von der Zivilisation, dem Reparatur- und Ausbesserungswahn unberührte Standorte sind hier ideale (Über-)Lebensbedingungen.

Aber bitte berühren Sie diese Pflanzen nicht!

Kommen Sie auch gar nicht erst auf die Idee, ganze Pflanzen oder Teile davon zu entfernen, auch dann nicht, wenn ich Ihnen jetzt sage, dass sie als Heilpflanze gegen Haut- und Milzleiden, Gelbsucht, Husten, Gallenprobleme, Harnwegsteine und mehr eingesetzt wird. Die Pharmaindustrie bietet dafür natur- und diese seltenen Pflanzen schützendere, insofern billigere und wohl auch effektivere Möglichkeiten an.

Auch lassen sich die Pflanzen nicht einfach „umsiedeln“, wie die obigen Beispiele aus Hamburg und Flensburg zeigen.

Also:

Finger weg!“ davon.

Februar 28, 2023

Schlagwörter: Natur, Naturschutz

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